Kontrastprogramm

Heute ist unser zweiter Tag in Peking und wie erwartet ist alles anders. Statt Trainingscamp mit Jugendherbergs-Charme und Meer vor Tür residieren wir nun in einem äußerst luxuriösen Vier-Sterne-Hotel mitten in einem der endlosen Wohngebiete von Beijing. Schon auf der mehrstündigen Busfahrt von Haigang in die chinesische Hauptstadt veränderte sich die Umgebung um uns herum immer mehr. Die Häuserdichte stieg und stieg, die Straße wurde immer breiter und auch von dem klaren Himmel war bald nicht mehr viel zu sehen. Vorbei an Freizeitparks, zahllosen Wohnblocks, Fabriken und blinkenden Shopping-Malls bewegten wir uns auf einer sechsspurigen Autobahn immer weiter in die 18-Millionen-Stadt. Es spielt auf Chinas Straßen übrigens keine Rolle, ob man rechts oder links überholt, so dass wir ganz froh waren, uns in einem großen, robusten Reisebus durch den chaotischen Autobahnverkehr zu schlängeln.

Kurz nach der Abfahrt in Haigang noch in einer ländlichen Gegend

Unser Hotel liegt direkt neben dem MasterCard Stadium, weit im Westen von Peking, so dass wir bisher gar nichts von der Innenstadt und seinen Wolkenkratzern zu sehen bekommen haben. Aber alleine der Hauptbahnhof, den wir auf dem Weg passierten, war atemberaubend. Ein riesiges, verschachteltes Gebäude, das von traditionellen spitzen Dächern abgeschlossen wird. Es ragt in die Wolken (ok, es ist Smog), während sich an seinem Fuß auf drei Etagen Straßen und vollgestopfte Fußgängerbrücken kreuzen. Leider konnte ich aus dem Bus kein vorzeigbares Foto schießen, aber das werde ich hoffentlich nachholen, wenn wir gen Wochenende mehr Zeit für Sightseeing und Ausflüge haben. An den ersten beiden Tagen hier  ging es nämlich erst mal nur um Basketball. Nach der Ankunft und dem Abendessen im Park Hotel Plaza Beijing verschwand die gesamte Delegation eigentlich nur noch müde auf die Zimmer Richtung Bett.

Am nächsten Morgen wurde erstmalig in einer Nebenhalle des MasterCard Stadiums trainiert. Wenn man die ehemalige Wukesong Arena betritt, hat man ein sehr ähnliches Gefühl wie in der o2 World – nur das alles rot ist anstatt blau. Und das ist eigentlich gar nicht so verwunderlich, schließlich hat sie den gleichen Betreiber wie unsere Spielstätte, die Anschütz Entertainment Group.

Wir bekamen gerade noch das Abschlusstraining unseres Turniergegners am selben Abend, Promy aus Korea, zu sehen und es bot sich schon ein seltsames Bild. Zwischen neun Koreaner stand der US-Amerikaner Rod Benson (in Korea ist in dieser Saison nur noch ein Ausländer pro Team erlaubt) und wirkte mit ca. 20 Zentimetern zusätzlicher Körpergröße wie ein riesiger Fremdkörper zwischen den deutlich kleineren Koreanern. Doch am Abend bekamen wir zu spüren, dass diese ihre fehlenden Zentimeter mit umso giftigerer und schnellerer Spielweise wett zu machen wissen und uns eine Halbzeit lang arge Probleme bereiteten. In der zweiten Halbzeit gewannen unsere Jungs unter den Augen von unserem Aufsichtsrat Dr. Axel-Schweitzer, der mittlerweile auch zum Team gestoßen war, aber doch deutlich die Überhand und gewannen am Ende 70:59. Für das erste Spiel in dieser Personalkonstellation zumindest in Hälfte zwei eine annehmbare Leistung. Bei den Koreanern sorgte am Ende eigentlich nur noch Benson für die Highlights, der nach zahlreichen Fehlwürfen seine Freiwürfe nur noch mit Brettberührung (dadurch aber nicht erfolgreicher) warf und damit für große Aufregung im Publikum sorgte.

Bis sich die Arena auf knapp 1.000 Zuschauer gefüllt hatte, dachte man zuerst, es gäbe mehr Polizei in der Halle als Besucher. Dazu kamen auch noch gefühlt hunderte von „Volunteers“, die sich wie ein Bienenstaat um den Ablauf kümmerten. Auch wenn die Arbeitsweise wie oft hier sehr chaotisch wirkte und es zu Beginn noch an Bällen zum Aufwärmen oder einer Internetverbindung haperte, lief die Partie am Ende doch reibungslos. Den chinesischen Zuschauern schien das Spiel den vielen „Ahs“ und „Ohs“ nach auch recht gut gefallen zu haben. Nun sind wir ziemlich gespannt drauf, was uns heute gegen die Lokalmatadoren aus Peking in der Halle erwartet.

Vor dem Spiel hatte unser Manager Marco Baldi das komplette Team in einem Besprechungsraum versammelt und in hinter verschlossener Tür auf die Saison eingeschworen. Nach seiner leidenschaftlichen Ansprache weiß jetzt sicher jeder in der Mannschaft, was es bedeutet, für ALBA BERLIN zu spielen.

Marco Baldi mit seiner Visitenkarte auf Chinesisch

In der anderen Gruppe ist das US-Team aus Kentucky tatsächlich mit den NBA-Stars Paul Pierce und Michael Beasley an den Start gegangen. Trotzdem holten sie sich gegen das australische Team aus Cairns eine deftige 25-Punkte-Klatsche ab. Dass in Australien sehr ordentlicher Basketball gespielt wird, dürfte ja in Deutschland spätestens seit der WM 2010 in der Türkei bekannt sein. Beasley soll übrigens heute mit Magenproblemen ins Krankenhaus gefahren worden sein.

Allen Prognosen zum Trotz halten unsere Magen hier ganz gut „dicht“. Bryce Taylor hatte in Haigang leichte Probleme, aber mittlerweile gehts auch ihm wieder gut. Das Essen im neuen Hotel ist aber auch wirklich Weltklasse. Trotzdem habe ich heute anstatt der Gruppenmahlzeit eines der typisch chinesischen „Hot Pot“-Restaurants, der chinesischen Antwort auf Fondue und Raclette, in der Nähe ausprobiert. In diesen Lokalen ist in jedem Tisch ein großer mit Gas beheizter Kochtopf in der Mitte eingelassen, in dem man sich aus einer großen Auswahl aus Fleisch, Pilzen, Fisch und Gemüse seine eigene Mahlzeit kocht. Eine sehr gesellige und unterhaltsame Art zu essen! Unterhaltsam in diesem Fall auch für das Restaurant-Personal, das offenkundige Freude an meinem ungeschickten Umgang mit den Essstäbchen und meinem Kampf gegen die chinesische Schärfe hatte.

Bevor ich mich jetzt auf dem Weg zum zweiten Turnierspiel gegen die Peking Enten (die heißen wirklich so!) mache, muss ich euch noch ein Fundstück von unserem Assistenztrainer Mauro zeigen: Die chinesische Basketballzeitschrift „Basketball Pioneers“ mit unserem Dirkules auf dem Cover! Dirk Nowitzki ist auch hier ein absoluter Superstar. Man sieht ihn auf Plakaten und Postern und wenn jemand mitbekommt, dass unser Mithat sein bester Kumpel und Nationalmannschafts-Zimmerkollege war, reagieren die Leute von ungläubig bis hysterisch. Einen würdigeren Abschluss kann ich für diesen Eintrag wohl kaum finden und jetzt drängt auch schon wieder die Zeit. Ich muss zum Bus, der uns zur 300 Meter entfernten Halle fährt. Bis zum nächsten Mal!

Jan

Über albaberlin

Offizieller Blog der Kommunikations-Abteilung von ALBA BERLIN. Hier wird vor allem von längeren Auswärtstouren unseres Teams berichtet.
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3 Antworten zu Kontrastprogramm

  1. Alex schreibt:

    Kommt das „Defense, Defense“ in der Halle vom Band? 🙂

    Bin gespannt auf Deine nächten Erlebnisse…

  2. harald breideband schreibt:

    Komentar das „habt ihr das Stadion scon gesehe ?

  3. Admi!n schreibt:

    wunderschöne bilder…da will man doch glatt hin…vielen dank für den beitrag !

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